1.2 Voraussetzungen
Es hat sich als sehr günstig erwiesen, dass die an diesem Verbundprojekt beteiligten Instituti-onen in beinahe identischer Konstellation bereits im Projekt IERS „Integration der geodätischen Raumverfahren und Aufbau eines Nutzerzentrums im Rahmen des International Earth Rotation and Reference System Service IERS“ der ersten Phase des Geotechnologienprogramms „Beobachtung des Systems Erde aus dem Weltraum“ zusammengearbeitet haben. Zudem kann das IERS-Projekt thematisch als Vorläufer des GGOS-D-Projektes betrachtet werden. Eigentlich konnten fast alle Resultate und Entwicklungen dieses Projektes als Basis für das GGOS-D-Projekt verwendet werden.
Zu erwähnen ist auch, dass das DGFI, das IGG und das BKG im Rahmen der Forschergruppe Satellitengeodäsie (FGS) bereits seit vielen Jahren intensiv zusammenarbeiten.
Seitens der beteiligten Institute wurden folgende Vorarbeiten geleistet, die Voraussetzung für das Erreichen der Ziele des GGOS-D-Projektes waren.
GFZ: Deutsches GeoForschungsZentrum, Potsdam
Im Bereich der Bestimmung geodätischer Erdsystemparameter (niedere harmonische Schwerefeldkoeffizienten, Bodenstationskoordinaten, Erdrotationsparameter) mit Hilfe dynamischer Satellitenbahnbestimmung wurde seit Bestehen des GFZ Expertise gebildet. Hier war vor allem die Prozessierung von Meßdaten geodätischer Satellitenmissionen und insbesondere CHAMP und GRACE sowie die operationelle Berechnung und Verteilung daraus abgeleiteter Produkte hilfreich. So werden z.B. in der Funktion als Analysezentrum des ILRS (Internatio-nal Laser Ranging Service) täglich und wöchentlich Zeitreihen von Erdrotationsparametern und Stationskoordinaten aus SLR-Beobachtungen zu den Lageos-Satelliten bestimmt; im Rahmen der GRACE-Mission werden in regelmäßigen Abständen hochgenaue Erdschwerefelder bis Grad und Ordnung 120 aus GPS- und K-Band-Messungen (interferometrische Abstandsmessungen zwischen beiden GRACE-Satelliten) berechnet.
Die eingesetzte Software ist EPOS, mit welcher die genannten Typen von Meßdaten verarbeitet und die genannten Erdsystemparameter geschätzt werden können. Eine hervorragende Eigenschaft von EPOS besteht darin, daß es möglich ist, simultan die verschiedene Beobachtungstypen zu verarbeiten und dabei die gewünschten Erdsystemparameter zu schätzen sowie die Bahnen der beteiligten Satelliten zu bestimmen. Diese Möglichkeit bietet im Vergleich mit den anderen im Projekt beteiligten Softwarepaketen nur EPOS. So ist beispielsweise die herkömmliche Methode zur Auswertung von GPS-Beobachtungen an Bord von tieffliegenden Satelliten, die auch mit anderen Softwarepaketen begangen wird, das Zwei-Schritt-Verfahren. Hier werden in einem ersten Schritt GPS-Bahnen, Uhrkorrekturen, Phasenmehrdeutigkeiten, die Positionen der GPS-Bodenstationen und die Erdrotationsparameter bestimmt und in einen zweiten Schritt als fest eingeführt, in welchem mit Hilfe der LEOs die Schwerefeldkoeffizienten geschätzt werden. Im Zwei-Schritt-Verfahren werden im Gegensatz zur simultanen Auswertung (oder Ein-Schritt-Verfahren oder integrierte Methode) Korrelationen zwischen Beobachtungen und Parametern vernachlässigt.
Durch Prof. Rothacher wurde zudem die Bernese GPS Software am GFZ etabliert, die bereits für ein vollständiges GPS-Reprocessing eingesetzt wurde und mit der auch die Kombination der verschiedenen Techniken auf Normalgleichungsebene entwickelt werden konnte. Dieses Know-how konnte im GGOS-D-Projekt ideal eingesetzt werden.
BKG: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, Frankfurt
Im Rahmen des Verbundantrages „Integration der geodätischen Raumverfahren und Aufbau eines Nutzerzentrums im Rahmen des Internationalen Erdrotationsdienstes (IERS)“ innerhalb des Geotechnologienprojektes des BMBF wurde in einem Teilprojekt am BKG ein Nutzer- und Datenzentrum aufgebaut. Dieses erlaubt eine sachgerechte Verwaltung aller Daten und Produkte des IERS.
Mittels eines Datenmanagementsystems werden die Daten und Produkte des IERS gesammelt und administriert sowie in ihrer Originalversion archiviert. Das generelle Konzept bei der weiteren Verarbeitung der Daten basiert auf der Verwendung der eXtensible Markup Language als zentrales Datenformat für den Austausch und die Arbeit mit den Daten. Unter Verwen-dung der eXtensible Stylesheet Language for Transformation (XSLT) können aus den XML-Daten wiederum in einfacher Art und Weise verschiedene Ausgabeformate generiert und vom Nutzer weiterverarbeitet werden. Mit XML wurde ein Format gewählt, das sich aufgrund seiner Offenheit, Plattformunabhängigkeit und freien Verfügbarkeit zu einem weltweiten Stan-dard im Bereich des Datenaustausches über das Internet entwickelt hat und die integrierte Nutzung und Kombination heterogener Datenbestände erleichtert bzw. erst ermöglicht.
Zu allen Daten und Produkten werden Metadaten zu ihrer genaueren Beschreibung erzeugt und in einer Metadatenbank abgelegt. Mit den Metadaten stehen den Nutzern alle Informationen zur Verfügung, um die gewünschten Daten aus der Menge der zur Verfügung stehenden Produkte in einfacher Art und Weise zu identifizieren. Da das Suchinterface des neu entwickelten IERS Informationssystems direkt auf die Metadatenbank zugreift, können die Nutzer in allen Daten und Produkten des IERS umfangreiche und komfortable Recherchen anstellen und die Daten vom zentralen IERS Datenzentrum downloaden.
Innerhalb des sog. Combination Pilot Projects1 des IERS, das eine wichtige Rolle im Hinblick auf den Aufbau eines weltweit gültigen Bezugssystems zur Integration geodätischer Raumverfahren und damit hinsichtlich der Realisierung eines globalen geodätisch-geodynamischen Beobachtungssystems spielt, wird das IERS Datenzentrum operationell eingesetzt, um die benötigten Input- und Output-Datensätze der beteiligten wissenschaftlichen Institutionen auf einem zentralen Server zur Verfügung zu stellen und den Informationsfluss sowie die Integration, Dokumentation und Verfügbarkeit der Daten sicherzustellen.
Bei der Umwandlung von SINEX-Dateien in das XML-Format kommen die Vorteile der XML-Technologie besonders zur Geltung. So konnten beim Validieren der XML-Dateien mit Hilfe frei verfügbarer Parser sowohl generelle Inkonsistenzen technikspezifischer SINEX-Dateien als auch individuelle Formatverstöße in den einzelnen Dateien aufgedeckt werden, die bei der weiteren Verarbeitung zu Fehlern führen könnten oder zumindest Probleme bereitet hätten.
DGFI: Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München
Das DGFI verfügt über eine langjährige Expertise auf dem Gebiet der Satellitengeodäsie, der geodätischen Referenzsysteme und für die primären geodätischen Raumbeobachtungsverfahren, vor allem SLR, VLBI, GPS und Satellitenaltimetrie. Darüber hinaus ist die Integration der unterschiedlichen Beobachtungsverfahren und die Entwicklung geeigneter Kombinationsmethoden ein zentrales Forschungsthema. Am DGFI wurden verschiedene Programmsysteme für die Auswertung und Analyse der o.g. Beobachtungsverfahren sowie für die Kombination entwickelt. Eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Durchführung des GGOS-D Projekts sind die Programmsysteme DOGS-OC für die Auswertung von SLR-Daten, OC-CAM für die Analyse von VLBI-Beobachtungen, DGFI Software für die Auswertung von Altimeter-Daten, sowie DOGS-CS für die Kombination der geodätischen Raumbeobachtungsverfahren.
Im Rahmen des Verbundantrages „Integration der geodätischen Raumverfahren und Aufbau eines Nutzerzentrums im Rahmen des IERS innerhalb des Sonderprogramms GEOTECHNOLOGIEN von BMBF und DFG, wurde am DGFI ein „ITRS Combination Center“ und „IERS Combination Research Center“ aufgebaut. Durch diese Förderung konnten wichtige Grundlagen für die im vorliegenden Verbundvorhaben genannten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten geschaffen werden.
Das DGFI beteiligt sich seit Jahren intensiv in verschiedenen wissenschaftlichen Diensten und Projekten der Internationalen Assoziation für Geodäsie (IAG). Die Funktionen des DGFI als “ITRS Combination Center” und “IERS Combination Research Center” im „International Earth Rotation and Reference Systems Service (IERS)“, sowie als „Analysis Center“ und „Combination Center“ im „International Laser Ranging Service (ILRS)“ und als „Special Analysis Center“ im „International VLBI Service for Geodesy and Astrometry (IVS)“ sind für die Arbeiten im GGOS-D Projekt von besonderer Bedeutung.
IGG: Institut für Geodäsie und Geoinformation, Universität Bonn
Am Institut für Geodäsie und Geoinformation (ehemals Geodätisches Institut) der Universität Bonn hat sich aufgrund des jahrzehntelangen Engagements auf dem Gebiet der geodätisch genutzten VLBI ein umfangreicher Erfahrungsschatz sowie ein einschlägiges Spezialwissen sowohl im experimentellen als auch im methodischen Bereich gebildet. Die Arbeiten umfassen dabei alle Verfahrensschritte von der Planung über die Korrelation bis hin zur Datenanalyse. Die VLBI-Globallösungen der Arbeitsgruppe gehören zu den wenigen VLBI-Lösungen weltweit, die für die Erstellung des International Terrestrial Reference Frame benutzt werden. Seit dem 1. Oktober 1999 ist hier die Funktion des Analysekoordinators für den International VLBI Service for Geodesy and Astrometry (IVS) etabliert, der die Kombination von Ergebnissen verschiedener Auswertezentren des IVS betreibt.
Vor Antragstellung wurden die ersten Arbeiten zur Kombination von VLBI-Lösungen im Rahmen dieses Aufgabenbereiches begonnen. Dabei wurden die Parametergruppen einzeln bearbeitet und kombiniert, ohne dass Beziehungen zwischen dem erdgebundenen Bezugssystem, den Erdorientierungsparametern und dem himmelsgebundenen Bezugssystem berücksichtigt werden konnten. Besonderes Augenmerk wurde in erster Linie auf die Kombination von Erdrotationsparametern gelegt, da ihre Bestimmung mit dem VLBI-Verfahren im Vergleich zu den Satellitenmethoden eine Reihe von Vorteilen, wie z.B. die direkte UT1-Bestimmung, aufweist. In dieser Kombination haben sich die Einzelserien gegenseitig kontrolliert, und die unterschiedlichen Stärken der einzelnen Lösungsstrategien konnten zumindest in erster Näherung zusammengeführt werden, so dass eine langzeitstabile und ausreißerfreie Serie von Erdorientierungsparametern entstehen konnte. Hierzu wurden u.a. auch Untersuchungen und Entwicklungen zur zuverlässigen Ausreißereliminierung und zur Beseitigung systematischer Differenzen und Driften durchgeführt und entsprechende Algorithmen entwickelt. Die relativen Gewichte der einzelnen Auswertezentren wurden hier in erster Näherung über die Streuung der Nutationsparameter abgeleitet. Die Methode der Kombination auf Ergebnisebene wurde bis zur Einsatzfähigkeit im operationellen Betrieb entwickelt und realisiert.